Wir Menschen halten uns in der Regel für eine rational denkende Spezies. Das ist nicht völlig falsch. Wir sind durchaus in der Lage, rational zu denken und in der Folge rational zu handeln. Allerdings unterliegen wir insbesondere im Bereich automatisch ablaufender kognitiver Prozesse mitunter Fehlern.
Kognitive Prozesse sind übrigens Mechanismen, die sich auf unsere Wahrnehmung, unser Gedächtnis und unser Denken beziehen1. Also etwas, was uns täglich begleitet.

Eine recht populäre kognitive Verzerrung ist der Bestätigungsfehler (confirmation bias). Er beschreibt unsere unbewusste Tendenz, Informationen zu suchen, aufzunehmen und zu verarbeiten, die unseren Grundannahmen, Überzeugungen sowie Erwartungen in Bezug auf einen bestimmten Umstand entsprechen2,3.

Beispielsweise kann es sein, dass Lars – warum auch immer – der Überzeugung ist, dass alle Katzen mit weißem Fell besonders schlaue Tiere sind. Auf Grund des Bestätigungsfehlers wird er nun besonders empfänglich für Informationen sein, die seine Annahme stützen. Je nachdem, wie wichtig die Bestätigung dieser Annahme ist, wird er vielleicht sogar mehr oder weniger aktiv danach suchen und sich in seiner Betrachtung überwiegend Katzen mit weißem Fell widmen. Gleichzeitig wird er gegenteilige Informationen, also z.B. wenn eine weiße Katze sich unbeholfen anstellt oder wenn er beobachtet, dass eine schwarze Katze durch einen besonders cleveren Schachzug eine Maus erlegt, weniger stark wahrnehmen.

Wenn wir dem Bestätigungsfehler erliegen, passiert also kurz gesagt Folgendes3:

  • unsere Aufmerksamkeit fokussiert sich bevorzugt auf unsere favorisierte Annahme
    (am Beispiel: Lars nimmt überwiegend “schlaues” Verhalten bei weißen Katzen wahr.)

  • wir messen Beobachtungen, die unsere Annahme bestätigen ein größeres Gewicht zu
    (am Beispiel: Lars hält es für essenzieller, wenn er sieht, dass eine weiße Katze sich clever verhält, als wenn dieses Verhalten von einer Katze mit schwarzem Fell gezeigt wird. Er ignoriert Letzteres nicht gänzlich, ist jedoch weniger empfänglich dafür.)

Ein weiteres Beispiel, was die Bestätigungstendenz verdeutlicht, ist die Flugangst. Unter anderem ist sie dadurch gekennzeichnet, dass Betroffene Ihre Aufmerksamkeit besonders stark auf den angstauslösenden Reiz – hier exemplarisch ein möglicher Flugzeugabsturz – ausrichten4. In der Folge kann es dazu kommen, dass selektiv nur noch Informationen aufgenommen werden, die für die Annahme sprechen, dass Fliegen gefährlich und damit beängstigend ist. Das heißt, dass Berichte über Flugzeugabstürze verstärkt wahrgenommen werden, ohne die (weitaus größere) Zahl an Flügen zu berücksichtigen, die ohne Abstürze tagtäglich stattfinden.

Wichtig ist bei der Betrachtung des Bestätigungsfehlers, dass es hier nicht um bewusste Handlungen geht, die gezielt, also mit Vorsatz darauf hinarbeiten eine bestimmte Annahme zu bestätigen, sondern um einen Fehler in unserem Wahrnehmen und Denken3. Die beschriebenen kognitiven Prozesse laufen weitestgehend automatisiert ab. Man kann Sie sich jedoch mit etwas Mühe bewusst machen und ihnen entgegen wirken. Dies ist unter anderem ein kleiner Teil meiner beraterischen Arbeit.

Literaturverzeichnis

1 Solso, Robert L. (2005): Kognitive Psychologie. 1. Aufl. (Springer-Lehrbuch).
2 Bestätigungstendenz. (2019). In M. A. Wirtz (Hrsg.), Dorsch – Lexikon der Psychologie. Abgerufen am 25.07.2019, von https://portal.hogrefe.com/dorsch/bestaetigungstendenz/
3 Nickerson, Raymond S. (1998): Confirmation Bias: A Ubiquitous Phenomenon in Many Guises. In: Review of General Psychology 2 (2), S. 175–220. DOI: 10.1037/1089-2680.2.2.175.
4 Morschitzky, Hans (2009): Angststörungen. Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe. 4. Aufl. Vienna: Springer-Verlag.