Sind psychische Thematiken weder selbstständig noch mit Unterstützung des Freundeskreises bzw. der Familie zu lösen oder bieten Angebote für Hilfe zur Selbsthilfe keine ausreichenden Möglichkeiten mehr zur Bewältigung der Situation, wird das Thema Psychotherapie zunehmend präsenter. Doch viele Menschen, die an diesem Punkt stehen, wissen nicht, wo sie ansetzen sollen, um überhaupt eine solche Behandlung in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus gibt es mitunter viele Unklarheiten, die die Hürde zur Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie erhöhen. Der folgende Text soll Ihnen wichtige Informationen über die Aufnahme einer Psychotherapie zur Verfügung stellen.



Wer trägt die Kosten für eine Psychotherapie?

Die Kosten für eine ambulante Psychotherapie werden von den gesetzlichen Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen übernommen.
Zum einen ist die Art des Therapieverfahrens ausschlaggebend. Die gesetzlichen Krankenversicherungen akzeptieren die analytische Psychotherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie sowie die Verhaltenstherapie. Diese Therapieverfahren werden als Richtlinienverfahren bezeichnet. Andere Verfahren wie z.B. die systemische Therapie oder Körpertherapie sind aktuell noch nicht von den Krankenkassen anerkannt. In späteren Blogbeiträgen werde ich genauer auf einzelne Therapieschulen eingehen.
Zum anderen ist entscheidend, ob der Therapeut einen Praxissitz mit Kassenzulassung hat. Es gibt nämlich auch Psychotherapiepraxen, die zwar die Richtlinienverfahren anbieten, aber keinen Kassensitz haben. Diese können nur unter bestimmten Umständen über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnen. Generell gilt, dass Psychotherapie, die von den Krankenkassen finanziert wird ausschließlich von psychologischen PsychotherapeutInnen, Kinder- und JungendlichenpsychotherapeutInnen und psychotherapeutisch tätigen ÄrztInnen durchgeführt werden darf.

Wenn Sie finanziell gut aufgestellt sind, ist es natürlich ebenso möglich, die Therapiesitzungen privat zu bezahlen. In diesem Fall sind sie nicht an bestimmte Therapieschulen gebunden und können z.B. auch die Leistung eines Heilpraktikers für Psychotherapie oder Praxen der Richtlinienverfahren ohne Kassensitz in Anspruch nehmen.



Wie finde ich einen Psychotherapeuten mit Kassenzulassung?

Die sogenannten kassenärztlichen Vereinigungen der einzelnen Bundesländer bieten auf ihren Webseiten die Suche nach kassenärztlich zugelassenen PsychotherapeutInnen an. Die Suche lässt sich auf den eigenen Wohnort eingrenzen. Es ist außerdem möglich, die kassenärztliche Vereinigung Ihres Bundeslandes zu kontaktieren und sich eine entsprechende Liste per E-Mail oder postalisch zusenden zu lassen. Auf diesen Listen sind nur PsychotherapeutInnen vermerkt, die einen Kassensitz inne haben sowie eines der derzeit von den Krankenkassen anerkannten Psychotherapieverfahren anbieten.



Benötige ich eine Überweisung vom Hausarzt?

Nein. Für die Aufnahme einer Psychotherapie benötigen Sie lediglich Ihre Krankenkassenkarte und einen Termin in einer entsprechenden Psychotherapiepraxis. Im Zuge der Diagnostik ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass Sie sich noch einmal Ihrem Hausarzt / Ihrer Hausärztin vorstellen müssen, um organische Ursachen Ihrer Beschwerdelage auszuschließen.



Ich habe meine Liste. Und jetzt?

Nun beginnt leider der zumeist nervenaufreibende Teil. Bedauerlicherweise werden Psychotherapiepraxen von Anfragen überrannt, sodass Sie sich auf lange Wartezeiten einrichten müssen, ehe Sie einen Termin erhalten. Telefonieren Sie die Liste konsequent ab, auch wenn es mühselig ist, da viele TherapeutInnen nur bestimmte telefonische Sprechzeiten haben, die Sie in der Regel vom Anrufbeantworter der Praxis erfahren. Der Vorteil der telefonischen Terminvereinbarung liegt darin, dass Sie sich bereits ein erstes Bild davon machen können, ob Ihnen die Person am anderen Ende der Leitung sympathisch ist.
Manchmal ist es möglich, die PsychotherapeutInnen per E-Mail zu kontaktieren. Doch auch hier kann konsequentes Nachhaken nötig sein. Lassen Sie sich gegebenenfalls auf Wartelisten setzen und fragen Sie gezielt nach psychotherapeutischen Sprechstunden. Diese müssen seit Anfang 2017 von jeder Psychotherapiepraxis mit Kassensitz in einem gewissen Umfang durchgeführt werden. Sie dienen zur Abklärung dafür, ob eine Psychotherapie sinnvoll und nötig ist.

Versuchen Sie möglichst bei mehreren PsychotherapeutInnen ein Erstgespräch zu vereinbaren. Man kann nicht mit jedem Menschen gleich gut. Und gerade im Hinblick auf die Psychotherapie ist eine gute Beziehung wichtig für den Erfolg der Behandlung.

Sollten Sie trotz intensiver Bemühungen keinen Termin für eine Sprechstunde erhalten oder sich auf Grund Ihrer Beschwerdelage womöglich nicht im Stande sehen, diese Liste abzuarbeiten, können Sie sich ebenfalls an die kassenärztliche Vereinigung Ihres Bundeslandes wenden. Diese wird Ihnen dann einen Termin innerhalb der nächsten vier Wochen bei einem Psychotherapeuten / einer Psychotherapeutin in zumutbarer Entfernung Ihrer Wohnung zuweisen. Ein großer Nachteil dabei ist, dass Sie hier keine Einflussmöglichkeiten auf die Auswahl eines Therapeuten / einer Therapeutin haben. Psychotherapie beruht allerdings – wie oben bereits angemerkt – auf einer tragfähigen Beziehung zwischen PatientIn und BehandlerIn. Diese Beziehung ist natürlich eine Frage dessen, ob die Chemie zwischen PatientIn und BehandlerIn stimmt. Das kann, aber muss nicht problematisch sein, wenn Therapieplätze auf diese Weise vergeben werden.



Die psychotherapeutische Sprechstunde

Ob nun durch zentrale Zuweisung oder hartnäckige persönliche Telefon- bzw. E-Mail-Nachfragen Ihrerseits, wenn Sie es in die Sprechstunde geschafft haben, wird hier im Dialog eruiert, wie es weitergeht.
In besonders dringlichen Fällen kann eine psychotherapeutische Akutbehandlung angestoßen werden, die sich über maximal 12 Sitzungen zu je 50 Minuten erstreckt. Die Akutbehandlung dient ausschließlich der Krisenintervention. Sie kann in eine Kurz- oder Langzeittherapie überführt werden.

Ist die Lage weniger akut und eine Psychotherapie nach Abklärung in der psychotherapeutischen Sprechstunde angezeigt, werden zwei bis maximal vier sogenannte probatorische Sitzungen durchgeführt. Diese dienen dazu, dass Sie den Therapeuten besser kennenlernen und umgekehrt. Prüfen Sie an dieser Stelle, ob Sie sich eine Psychotherapie mit dieser Person vorstellen können.
Darüber hinaus erfolgt die weitere Erkundung Ihrer Beschwerdelage sowie das Erstellen eines Behandlungsplans. Außerdem wird hier geklärt, ob für Sie eine Kurz- oder eine Langzeittherapie in Frage kommt. Beide unterscheiden sich hinsichtlich der Anzahl der Therapiestunden. Der Therapeut / die Therapeutin stellt im Laufe der probatorischen Sitzungen dann einen entsprechenden Antrag zur Kostenübernahme an die Krankenkasse.



Fazit

Es ist kein leichter Weg zu einer Psychotherapie, doch ich möchte Sie ermutigen, ihn zu gehen, sofern Sie das Gefühl haben, dass Ihnen diese Behandlung einen Gewinn an Lebensqualität bringt. Es wird sich über kurz oder lang lohnen.
Sollten Sie Unterstützung benötigen, sich unsicher sein oder anderweitige Fragen zu dieser Thematik haben, berate ich Sie gern dazu. Nehmen Sie einfach Kontakt über eines der Beratungsformulare mit mir auf.

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